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Was ist uns Brot noch wert?

18. Oktober 2025

Zurzeit liest man es überall: Aldi verkauft ein 500-Gramm-Brot für 99 Rappen. Andere Grosshändler ziehen mit. Für viele mag das wie ein gutes Angebot wirken – gerade in Zeiten steigender Preise. Doch was auf den ersten Blick wie ein Schnäppchen aussieht, wirft bei näherem Hinsehen ernste Fragen auf.

Denn man weiss: An einem solchen Brot verdient der Grosshändler nichts. Es geht nicht darum, unser Portemonnaie zu schonen – sondern darum, uns in den Laden zu locken. Wer für ein günstiges Brot kommt, nimmt oft noch mehr mit. Das Brot ist nicht das Ziel – es ist das Lockmittel.

Was aber bedeutet das für die kleinen Läden, für Bäckereien, für Manufakturen, die mit echter Hingabe und hochwertigen Zutaten arbeiten? Für jene, die den Wert des Brotes nicht am Preisetikett festmachen, sondern an Zeit, Qualität und Handwerk?

Ich backe selbst mit Leidenschaft Brot. Ich liebe es, die Zutaten auszuwählen – Mehl aus der Mühle, Wasser, Salz, Biohefe – und daraus mit Geduld und Sorgfalt ein lebendiges Lebensmittel entstehen zu lassen. Der Duft, der sich beim Backen im Raum ausbreitet, ist für mich mehr als nur Vorfreude – er ist ein Stück Kultur, ein Stück Zuhause.

Gerade heute durfte ich wieder mehrere Brote backen. Es hat mir Freude bereitet. Und doch stimmt es mich traurig, dass ich mein Brotangebot am Donnerstag einstellen musste – die Nachfrage war schlicht zu klein. Es tat weh. Nicht nur geschäftlich, sondern im Herzen.

Dazu kommt ein weiterer, stiller Wandel, der sich vollzieht: Heute kursiert die Meinung, Brot sei ungesund. Es wird weggelassen, ersetzt, abgewertet. Dabei war Brot über Jahrhunderte ein Symbol für Nahrung, für Fülle, für Leben. Gerade Brot, das aus hochwertigen Zutaten mit viel Zeit zum Gehen und Reifen hergestellt wird, ist besonders bekömmlich und nährstoffreich – ganz anders als das schnelle Industriebrot, das oft mit Zusatzstoffen und kurzer Teigführung produziert wird. Wer den Unterschied kennt, weiss, wie wertvoll echtes Handwerk für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist.

Was ist passiert, dass dieser Wert verloren ging?

Sind wir heute wirklich so verwöhnt, dass wir Brot ablehnen, weil es angeblich nicht mehr in unsere Ernährung passt? Und gleichzeitig kaufen wir ein 99-Rappen-Brot, das kaum Zeit zum Gehen hatte, kaum Geschmack trägt, kaum Wert hat?

Doch Brot ist nur ein Beispiel von vielen. In einer Zeit, in der vieles schneller, grösser und günstiger werden soll, geht oft etwas verloren – nicht nur beim Brot, sondern auch bei der Art, wie wir einkaufen und miteinander umgehen.

Viele von uns kennen das noch: Beim Metzger, in der Papeterie oder im Blumenladen persönlich mit Namen begrüsst zu werden. Wo der Verkäufer nicht nur die Produkte kennt, sondern auch seine Kundinnen und Kunden. Wo Zeit bleibt für ein Gespräch, einen Austausch, ein Lachen – Werte, die im Grosshandel oft zu kurz kommen.

Zum Glück gibt es solche Orte und Menschen noch – ich selbst kaufe sehr gerne beim Detaillisten ein und erlebe genau diese Nähe und Wertschätzung. Es ist ein Geschenk, mit dem Namen angesprochen zu werden und dass man sich an Vorlieben erinnert.

Ist es das, was wir wollen? Dass am Ende nur noch Grosshändler bestimmen, was, wann und wie viel wir essen – und zu welchem Preis? Dass die Vielfalt verschwindet, weil die Kleinen keine Chance mehr haben?

Spart man wirklich, wenn man nur noch beim Grossen kauft? Oder ist der scheinbare Gewinn am Ende doch ein Verlust – an Geschmack, an Qualität, an Beziehung und an Vielfalt?

Es ist eine Einladung, den Blick zu weiten. Denn wenn wir nur den Preis sehen, übersehen wir den wahren Wert.

  1. Es ist eine Schande seitens der Grossverteiler. Aber auch seitens der KundenInnen, welche es definitiv nicht notwendig haben, auf ein solches „Angebot“ einzugehen.
    Diese unmögliche „Geiz ist geil“ Tendenz, eingeführt aus Deutschland (!!!!) ekelt mich je länger je mehr an!

    1. Man hat ja gesehen, wohin das „Geiz ist geil“ in Deutschland hingeführt hat. Das Ganze geht für mich definitiv in die falsche Richtung.

  2. Liebe Amelia, ich backe seit 5 Jahren meine Brote selbst ,aber mit Sauerteig, das Anstellgut wird seit 5 Jahren gefüttert. Nehm es auch immer mit nach Spanien , wo ich auch Brot backen. Es macht einfach Spass und es schmeckt auch besser als das Industrielle Brot. Ganz liebe Grüße Marita

    1. Liebe Marita
      So toll. Ich liebe auch mein selbst gebackenes Brot. Jetzt, da ich gerade etwas weniger backe lege ich grossen Wert darauf, wo ich mein Brot kaufe. Bestimmt kein industriell hergestelltes Brot. Liebe Grüsse Amelia

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